Die Absurdität, die aus den Stücken Havels und Kafkas herausbricht, wurde von den Menschen in Prag immer stärker mit ihren eigenen Lebensverhältnissen in der Tschecheschslowakischen Sozialistischen Republik in Verbindung gebracht. Gemeinsam mit anderen Intellektuellen und ihren Werken, zum Bespiel dem Romanautor Karel Peckas oder dem Filmemacher Miloš Forman, schufen die Macher des Theaters am Geländer so eine Atmosphäre, die auf den Prager Frühling hinführte.
Das Ergebnis ist bekannt: der Versuch einer Liberalisierung und Demokratisierung des Sozialismus in der CSSR wurde durch den Einmarsch von Truppen des Warschauer Pakts im August 1968 brutal gestoppt. Havel, der nie Mitglied der kommunistischen Partei war, gehörte zu den wichtigsten parteilosen Unterstützern des Reformprozesses. Schon 1967 hatte er im Rahmen des IV. Kongresses des Tschechoslowakischen Schriftstellerverbands Zensur und Absurdität des Machtapparates der kommunistischen Partei erstmals öffentlich kritisiert. Im Frühjahr 1968 avancierte er nun zum Vorsitzenden des Clubs unabhängiger Schriftsteller. Seine Stimme wurde gehört. Umso stärker stand er nach dem abrupten Ende des Prager Frühlings im Fokus der neuen Machthaber. Da er sich dem Gleichschaltungsprozess widersetzte, wurde er mit einem Publikationsverbot belegt. Als Hilfsarbeiter in einer Brauerei verschwand er vorübergehend aus dem öffentlichen Fokus.
Aber natürlich bedeutete das Publikationsverbot für den ambitionierten Autor nicht das Ende seiner schriftstellerischen Aktivitäten. Seine Theaterstücke und Essais erschienen nun im Ausland. Vor allem das Burgtheater in Wien, das Havel bis zu seinem Tod liebevoll sein „Muttertheater“ nannte, entwickelte sich zu einem festen Anker seines Werks. Hier kamen seine neuen Stücke zur Uraufführung und starteten ihren Weg auf zahlreiche Bühnen. Gezählt wurden bis Ende des vorigen Jahrtausends Inszenierungen in achtzehn Ländern. Am häufigsten gespielt wurden die zwischen 1975 und 1979 entstandenen Einakter der Vaňek-Trilogie.
Václav Havel stand zu diesem Zeitpunkt schon wieder mitten in politischen Kämpfen, die zu den härtesten seines Lebens werden sollten. Bereits 1975 attackierte er in einem offenen Brief an Staatspräsident Husák massiv die Zustände in der CSSR. Im folgenden Jahr beteiligte er sich maßgeblich an der Gründung der Bürgerrechtsbewegung Charta 77, die auf die Menschenrechtsverletzungen im Land aufmerksam machen wollte, und wurde zu einem der Sprecher gewählt. Das Ergebnis war eine intensive Verfolgung durch die Staatsmacht, mehrere Verhaftungen, Verurteilungen und insgesamt rund fünf Jahre Haft, letztmals im Frühjahr 1989.
Als Václav Havel 1989 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, durfte er im Oktober 1989 nicht zur Preisverleihung nach Frankfurt reisen. Obwohl der Wandel im Osten sich an vielen Stellen abzeichnete und der Eiserne Vorhang bereits heftig vom Sturm der Zeit angeblasen wurde, blieb er für Havel noch fest geschlossen. In Frankfurt konnte seine Dankesrede nur verlesen werden. Der Titel ist bezeichnend: „Die Macht der Ohnmächtigen.“