Kindheit und Jugend in einer Hochhaussiedlung war das verbindende Element, als sich bei dieser Lesung in den Reiss-Engelhorn-Museen Literatur und Fotografie, der Großraum Paris und Berlin-Neukölln aufeinandertrafen.
Gelesen wurde inmitten der Fotos des französischen Fotografen Jean-Michel Landon, die dieser zu der Fotoausstellung „La vie des blocs“ zusammenstellte. Der junge Fotograf wurde in Créteil, einem der viel diskutierten Banlieues in der Umgebung von Paris geboren. Heute hält er mit seinen Schwarz-Weiss-Fotos das Leben der Menschen im Schatten der Wohntürme fest. Er dokumentiert ungeschönt und ungefiltert, aber immer mit Respekt. Seine Aufmerksamkeit richtet er besonders auf die Kinder und Jugendlichen, die er mit sensiblem Blick porträtiert.
Behzad Karim Khani war noch keine zehn Jahre alt, als er mit seiner Familie aus dem Iran nach Deutschland floh und im Ruhrgebiet in einer Hochhaussiedlung landete. In seinem gefeierten Romandebut „Hund, Wolf, Schakal“ verarbeitet er seine Erinnerungen an seine Jugend in dieser Umgebung, wobei er die Handlung nach Berlin-Neukölln verlegte. Aus diesem Buch las er einige Passagen. Manche Szene berührte, manche erschütterte sogar, aber immer wieder ging auch ein Schmunzeln durch die Reihen. Denn genau wie Landon, zeigte auch Karim Khani, dass das Leben in solchen Siedlungen nicht ausschließlich trostlos ein musste.
Zusätzliche Aktualität gewann der Abend durch die Bilder der massiven propalästinensischen Solidaritätskundgebungen in Neukölln, die wenige Tage zuvor über die Bildschirme geflimmert waren. Die eine oder andere Textstelle konnte dabei durchaus einen Hinweis geben, wieso manche Gruppen sich in einer solchen Situation geradezu reflexartig auf die Seite der Palästinenser schlagen.